Point Alpha oder: Ein grenznaher Komödienstadel

Ich hatte in "Die Welt" gelesen, dass "Point Alpha" nun auch eine "Fulda GAP" Ausstellung besitzt, die ich mir einmal anschauen wollte. Also: Ausflug nach Rasdorf.

"Guten Tag, ich möchte den Point Alpha besuchen. Was kostet das?".
"Eintritt: 4 Euro".
"Das hat doch vor zwei Jahren noch 3 Euro gekostet?"
Keine Antwort, stattdessen die Eintrittskarte, ausgedruckt von einer ganz modernen Computerkasse. Ah ja, jetzt weiß ich warum die Erhöhung.

Erste Überraschung: Für meine 4 Euro ist eine Baracke geschlossen "wegen Umbau". Halbe Besichtigungsmöglichkeit bei gleichem Preis... Aber Gewinnmaximierung ist ohnehin modern.

Eine wirkliche Überraschung erlebe ich dann in der "Ausstellung" Fulda GAP. Eine detaillierte Auflistung von Depots und Angriffsrichtungen. Man erkennt beispielsweise sehr schön den Angriffskorridor Ost West Richtung Fulda (gelb durchgestrichen), den es aber so gar nicht gab. Dies war lediglich einmal während eines Manövers durchgespielt worden, in der "realen Strategieplanung" spielte es nie eine Rolle.
Einleuchtend: Wo bitte hätte  sich auf Ostseite der Bereitstellungsraum befinden sollen in dieser hügeligen Gegend? Ein schneller Panzervorstoß, wie befürchtet; auf einer schlaglochübersäten Landstraße? Oder gar durch den Wald?

Zur Entschädigung fehlt dafür die real als zweite Möglichkeit angenommene Vormarschrichtung der WP Staaten; Bereitstellung Raum Meiningen, Vormarsch Richtung Mellrichstadt --> Bad Brückenau --> Schlüchtern/Fulda --> Rhein Main Gebiet.

Ebenso der Abzweig von schnellen Verbänden bei Bad Hersfeld --> Fulda, um die NATO Verstärkungen abzufangen (Gelber Pfeil).

Dafür sind eindrucksvoll die Depots aufgelistet, die es gab. Sogar die, die es nicht gab, eine Meisterleistung.

Sehr schön auch, dass man die werbewirksame Selbstbeschreibung "Point Alpha - Heißester Punkt im Kalten Krieg" selbst ad absurdum führt; der gelbe Punkt markiert "Point Alpha" auf der obigen Karte. "Lag am Rand eines Konfliktes" würde es noch beschönigen.

Bei den Sperranlagen wird es besonders amüsant: Zitat "... sind Teil des NATO Konzepts Barrier und Denial Plan: Im Kriegsfall soll atomare und konventionelle Munition in Sprengkammern gefüllt und gezündet werden ...". Das ist die Beschriftung eines "Bundeswehr Sprengschachts". Ohne Worte. Ob es hilft, wenn man es quer über die Wand sprüht?:

IN BUNDESWEHRSPRENGSCHÄCHTE KAM NIEMALS ZU KEINER ZEIT NICHT NUKLEARE MUNITION.

So geht das nahtlos weiter, es werden beispielsweise Stecksperren gezeigt ohne den Sinn verstanden zu haben.

Vor einiger Zeit tauchte der Vorwurf auf Point Alpha sei, um es dezent auszudrücken, "von links" unterwandert, was ebenso dezent dementiert wurde.
Bei dieser "Dokumentation" wird ein dementieren schwierig. Es wird ganz eindeutig und gezielt der Eindruck erweckt, der Westen bzw. die NATO habe eine grundlose Massenmilitarisierung betrieben; wie die Bedrohungslage real aussah ist für den Laien nicht erkenntlich, wahrscheinlich war der "Sandkasten" zu klein. EIN Beispiel:

Es werden zwar (angebliche) LANCE (Atomraketen) Stellungen des Westens bei Gelnhausen aufgeführt (78 Km zur Grenze), nicht aber die Kurz- und Mittestrecken Atomraketen die bei Ohrdruf (58 km) und anderswo standen.

Für den Laien, speziell für Schüler und Jugendliche wird hier ein fatal falsches Bild aufgebaut dass NICHTS mit der damaligen Realität zu tun hat. Alleine die einseitige Darstellung der "westlichen Militärmacht" (blauer Anteil gegenüber rotem Anteil) beziehungsweise die massenhafte Anhäufung "blauer" Militärfahrzeuge gegenüber den wenigen "roten" muss als Absicht unterstellt werden, hier ein falsches Geschichtsbild zu zementieren.


Das kann auch nicht wundern, nennt man doch bei militärischen Fragen "Quellen" wie "Die Hessischen Grünen" statt berufene und nachprüfbare wie die Bundeswehr. Eine ganze Wand nimmt dafür die "osthessische Friedensbewegung" ein; dies erhärtet die obige Aussage und erklärt auch die Mengen an Fehlern. Oder sind es gar keine Fehler? Das diese Friedensbewegung "es gut gemeint" hat steht außer Frage, aber außer Frage steht ebenso dass sie jede Menge Fehlinformationen verbreitet hat. Wie man sieht mit Auswirkungen bis heute.

Es kann nicht angehen das ein Museum, welches Hunderttausende an öffentlichen Geldern verschlingt in einem fort (gezielte?) Fehlinformation verbreitet, und andere Museen welche deutlich bessere und "billigere" Arbeit leisten und unsere Jugend mit einem korrekten Geschichtsbild nach Hause schicken, bei Anfragen nach Geldern und Hilfe zur Antwort bekommen "tut uns leid, wir sind mit Point Alpha ausgelastet".

Immerhin gibt es auch erfreuliches. Wenn man zurück fährt, kann man in einer Rasdorfer Bäckerei eine "Point Alpha Torte" kaufen. Nomen est Omen.

T. Üte